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Die deutsch-polnische Migrationsgeschichte begann mit der Industrialisierung in Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zunächst zog es die polnischen Einwanderer nach Berlin, und in die preußischen Provinzen Sachsen, Schlesien, Pommern, Brandenburg und Hannover. Ab den 1880er Jahren wanderten viele polnische Arbeitskräfte in die neuen deutschen Industriereviere an Rhein und Ruhr. Diese Einwanderer nannte man auch die Ruhrpolen. Dort arbeiteten sie meist im Kohlebergbau. Noch heute erinnern zahlreiche Familiennamen (Schimanski, Grabowski) an diese ersten Generationen polnischer Einwanderer.
Als 1918 die Republik Polen gegründet wurde, setzte eine Rückwanderungswelle ein. Etwa ein Drittel der polnischen Einwanderer blieben in Deutschland und wurden eingedeutscht. Ab 1933 waren diese polnisch stämmigen Deutschen Übergriffen und Verfolgungen der Nationalsozialisten ausgesetzt. Zwischen 1939 und 1945 wurden mehr als 3 Millionen Polen zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert. Viele von Ihnen überlebten die Arbeits- und Konzentrationslager nicht. Die Überlebenden wurden nur selten entschädigt.
Nach dem zweiten Weltkrieg bis zum Ende des Kalten Krieges kamen Hunderttausende Polen nach Deutschland (BRD). Sie migrierten als Aussiedler oder als politische Flüchtlinge und erhielten meist die deutsche Staatsangehörigkeit, Sprachkurse und finanzielle Beihilfen. In der DDR hingegen gab es nur wenige Polen und diese waren meist als Arbeitskräfte nur vorübergehend im Lande und keine Einwanderer.
Nach Ende des Kalten Krieges schloss Deutschland am 31. Januar 1990 mit Polen ein Abkommen über Werkvertragsarbeitnehmer. Diese wurden zur Ausführung von Aufträgen zwischen polnischen und deutschen Unternehmen für maximal drei Jahre in Deutschland beschäftigt. Sie waren meist im Baugewerbe, im Eisen- und Stahlgewerbe tätig. Eine andere größere Gruppe wurde saisonal als Landwirtschaftshelfer in Deutschland tätig. Parallel zu dieser Entwicklung stieg die Zahl illegal beschäftigter polnischer Arbeitskräfte. Viele von ihnen reisten als Touristen ein und nutzten das drei Monate währende Visum zum Arbeiten. Gut die Hälfte davon waren Frauen, die zum Beispiel in der privaten häuslichen Pflege oder als Hausgehilfinnen arbeiteten.
Der Beitritt Polens zur EU 2004 führte trotz weit verbreiteter Befürchtungen nicht zu einer sprunghaften Zunahme polnischer Arbeitnehmer in Deutschland. Ende 2013 lebten etwa 610.000 Personen mit ausschließlich polnischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Hinzu kommen ca. 1,4 Millionen Menschen mit polnischem Migrationshintergrund. In den letzten Jahren wandern aus Polen vor allem hochqualifizierte Arbeitskräfte wie Ingenieure oder Mediziner nach Deutschland ein. Unter den fünf größten Einwanderergruppen in Deutschland sind die polnischen Einwanderer am besten gebildet, haben am meisten Kontakt zu Einheimischen und verfügen über das höchste Erwerbseinkommen.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung